Familienbewusste Führung: Warum Vereinbarkeit ein Wettbewerbsvorteil ist

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„Mein Kind ist krank – ich kann heute nicht kommen.“
„Ich gehe in Elternzeit.“
„Ich muss pünktlich gehen, meine Mutter braucht Betreuung.“

Für viele Führungskräfte ist das Alltag. Sie müssen Projekte managen, Deadlines halten – und gleichzeitig Mitarbeitende unterstützen, deren familiäre Verpflichtungen plötzlich Priorität haben. Familienbewusste Führung bietet hier nicht nur Lösungen, sondern sichert langfristig den Erfolg: Sie stärkt Mitarbeitendenbindung, Arbeitgeberattraktivität und wirkt dem Fachkräftemangel entgegen.

Warum Familienbewusstsein zur Pflicht wird – nicht zur Kür

Spätestens seit Wirtschaft und Politik die Eltern – vor allem Mütter – als stille Arbeitsmarktreserve erkannt haben, wird klar: Familienfreundlichkeit ist keine Sozialromantik, sondern wirtschaftliche Notwendigkeit.

Laut der forsa-Studie „Eltern heute – immer mehr unter Druck“ wünschen sich 67 % der Mütter und 85 % der Väter, dass beide Elternteile sich die Verantwortung gleichberechtigt teilen. Die Generation Y und zunehmend auch die Generation Z fordern von Arbeitgebern klare Haltung: Flexibilität, Sinn, Vereinbarkeit.

Homeoffice-Tage und Gleitzeitmodelle sind dabei längst Standard. Entscheidend wird, wie Führung gelebt wird.

Kulturwandel statt Einzelmaßnahmen

Unternehmen, die von ihren Führungskräften familienbewusstes Führen erwarten, müssen den kulturellen Rahmen dafür schaffen.
Das bedeutet: Vereinbarkeit wird Teil der Strategie, Kommunikation und Führungsausbildung.

Ein Beispiel: SAP verankerte Familienbewusstsein strategisch im HR-Bereich mit der Abteilung Family & Career.
Christine Rosendahl, Head of Family & Career bei SAP, erklärt:

„Nur wenn Mitarbeitende wissen, dass sie Vereinbarkeitsangebote ohne Nachteile nutzen können, ist das Ziel erreicht.“

Kommunikation ist dabei zentral: Familienbewusstsein muss sichtbar und selbstverständlich werden – in Leitbildern, Betriebsvereinbarungen, Mitarbeiterkommunikation und öffentlichem Auftritt.

Familienbewusstsein messbar machen – mit dem Vereinbarkeitsindex

Damit Unternehmen erkennen, wo sie wirklich stehen, braucht es Kennzahlen. Der Vereinbarkeitsindex liefert genau das:
Er misst die Qualität der Vereinbarkeitsmaßnahmen aus Sicht der Mitarbeitenden – schnell, transparent und ohne großen Aufwand für HR.

Nur was gemessen wird, kann verbessert werden. Unternehmen, die regelmäßig evaluieren, erkennen Handlungsfelder, steigern ihre Arbeitgeberattraktivität und werden zu verlässlichen Partnern für Fachkräfte.

Erfolgsfaktor Führung: Vertrauen statt Kontrolle

Das Beispiel easySoft GmbH zeigt, wie eine klare Haltung wirkt. 2008 definierte das Unternehmen Werte wie Menschlichkeit, Gesundheit und Familie neu – und führte Vertrauensarbeitszeiten ein.

Heute entscheiden Mitarbeitende selbst, wann und wie sie arbeiten. Ergebnis: Mehr Engagement, weniger Kontrolle – bessere Ergebnisse. Führung wurde einfacher, weil Vertrauen und Eigenverantwortung gewachsen sind.

Die Rolle der Führungskraft: Coach statt Kontrolleur

Mit dem Wandel hin zu familienbewusster Führung verändert sich auch die Rolle der Führungskraft.
Zukunftsfähige Führung bedeutet heute:

  • Mitarbeitende über Ziele statt Präsenzzeiten führen

  • klare Kommunikationsregeln und Verbindlichkeit schaffen

  • unterschiedliche Lebensmodelle akzeptieren, statt sie zu bewerten

Michael Bartz, Professor an der FH Krems, beschreibt es so:

„Führung im New Work-Kontext ist kein Sichtflug mehr. Führungskräfte müssen lernen, über Ergebnisse zu steuern – nicht über Anwesenheit.“

Wirtschaftliche Effekte: Familienbewusstsein rechnet sich

Das Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik (ffp) hat es empirisch belegt:
Unternehmen mit familienbewusster Unternehmenskultur erzielen gegenüber anderen

  • + 31,5 % höhere Motivation,

  • − 38,8 % weniger Krankheitsausfälle,

  • − 40,5 % geringere Fehlzeiten,

  • + 26,3 % höhere Produktivität.

SAP und viele Mittelständler bestätigen diese Effekte in der Praxis: Familienbewusstsein bindet Talente, reduziert Kosten und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit.

Vereinbarkeit als Führungsaufgabe – und HR als Wegbereiter

Damit familienbewusstes Führen funktioniert, braucht es klare Strukturen, Weiterbildung und Vorbilder. HR kann dabei gezielt unterstützen – mit Tools, Trainings und einer ehrlichen Bestandsaufnahme durch den Vereinbarkeitsindex.

Denn: Wer Vereinbarkeit strategisch steuert, sichert Zukunft.

Wer sie nur kommuniziert, verliert Glaubwürdigkeit.

Familienbewusstsein ist eine Investition – kein Benefit

Familienbewusste Führung ist kein Wohlfühlprojekt, sondern eine strategische Führungsaufgabe. Sie steigert Produktivität, senkt Fluktuation und macht Unternehmen attraktiv für die Generationen, die den Arbeitsmarkt künftig prägen.

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Fachkräftemangel & ungenutztes Potenzial: Warum Vereinbarkeit jetzt zur HR-Strategie wird

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Familienbewusstsein ist Lebensphasenorientierung – und der Schlüssel zu echter Arbeitgeberattraktivität